Artikel von Wolfgang Beck aus der Badischen Zeitung von Dienstag, 15.10.2019
Die Chrysanthemen-Gala der Lahrer Stadtkapelle faszinierte am Sonntagabend im Parktheater das Publikum.
Die musikalischen Momente, mit denen die Stadtkapelle Lahr am Sonntag mit einer Konzertgala etwa 700 Zuhörerinnen und Zuhörer im Parktheater auf das dreiwöchige Blumen- und Kulturfestival einstimmte, hätten in ihrer musikalischen Vielfalt nicht faszinierender sein können: Die Stadtkapelle tauchte mit ihren 70 Blasmusikern in eine wundervolle Klangwelt ein. Dirigent Nicholas Reed demonstrierte mit dem Höchststufenorchester sinfonische Blasmusik auf höchstem Niveau und begeisterte mit einer zweistündigen Konzert-Gala das Publikum.
„Da blüht dir was“ hieß es in Lettern über den Musikerinnen und Musikern, die bei der Gala nicht mit Bildern von der Blumenschau und mit Erinnerungen vom Konzertbesuch in Liverpool geizten. „Wir waren auch Chrysanthemenkönigin“ verriet Moderator Michael Moser und verabschiedete Chrysanthemenkönigin Sonja, die im Blasorchester mitspielte.
Starken Beifall gab es den ganzen Konzertabend über für die Leistung der Blaskapelle und für deren Dirigenten Nicholas Reed, der bereits zum Auftakt mit dem furiosen Stück „The Hounds of Spring“ (des Frühlings Hunde) von Alfred Reed das Publikum begeisterte. Kompositionen von den Grünen Insel liegen dem englischen Musikpädagogen, wie die Zuhörerinnen und Zuhörer im weiteren Verlauf erfahren durften. So war der zweite Musiktitel „Irish Tune from County Derry“ ein kunstvoller Griff in die Auswahl englischer Partituren über irische Volksmusik, die das Orchester bravourös spielte. Inspiriert wurde der Auftritt durch die Konzertreise der Stadtkapelle nach Liverpool. Es klang so gefühlvoll, als würde das Publikum dem Auftritt des Blasorchesters in der Kathedrale in Liverpool beiwohnen, meinte ein Besucher in der Pause.
Mit der „Second Suite in F“ wählte Reed ein weiteres Paradebeispiel englischer Musik aus, das Gustav Holst komponierte und in dessen Abfolge von der Militärmusik über Marsch und Walzer so ziemlich die ganze Mixtur der eingesetzten Instrumente zu hören war. Die Vielfalt begeisterte, das Stakkato und die hämmernden Töne eines Hufschmieds ebenso wie der metallene Schlussklang am Amboss, der hörbar in Szene gesetzt wurde. Dem standen die Fantasien der Suite in F im Schlussteil nicht nach, die vom Saxophon mit weichem Klang übernommen wurde und an einen heiteren Tanz irgendwo auf einer Blumenwiese in Lahr oder anderswo erinnerte.
Musikalisch zu den Ur-Kontinenten
Die zweite Hälfte der Chrysanthema-Gala entführte das Publikum zu den Ur-Kontinenten der Menschheitsgeschichte. „At the Break of Gondawana“ hieß das Stück, das viel Mystik verriet, die mit dumpfen und brodelnden Lauten daher kam. Das Gondwana, das Benjamin Yeo komponierte, erinnerte an die Schöpfungsgeschichte, die mit geheimnisvollen Sphärenklängen unterlegt wurde und auch in der Video-Wandprojektion im Parktheater als ideale Ergänzung zum musikalischen Auftritt diente. Lebendigkeit, Heiterkeit und Emotionalität – sie brillierten in der sinfonischen Blasmusik am Sonntag genauso wie am Dirigentenpult oder beim Solo-Auftritt „The Green Hill“ von Bernd Oswald, der in der Jugend am Tenorhorn von Joachim Volks ausgebildet wurde, mehrfacher Bundespreisträger ist, als Posaunist beim Heeresmusikkorps spielt und am Sonntag am Euphonium einen ganz besonderen Galaauftritt musikalischer Perfektion hinlegte.
Nach einem Small-Talk zwischen vergangener und künftiger Chrysanthemenkönigin, dem musikalischen Finale des Filmklassikers „Krieg der Sterne“ und einem flotten Konzertmarsch wurde Oberbürgermeister Wolfgang G. Müller zum Ehrenmitglied der Stadtkapelle ernannt. Mit vier Titeln von Frank Sinatra gab es eine besonders lange musikalische Zugabe für das scheidende Stadtoberhaupt, die das Publikum mit lautstarkem Beifall quittierte.