„Ich fürchte nicht, in ein Loch zu fallen“
BZ-INTERVIEW mit Reiner Michel, der nach 31 Jahren als Vorstandsvorsitzender der Stadtkapelle Lahr nicht mehr kandidiert.
LAHR. Im Vorfeld der Hauptversammlung der Stadtkapelle Lahr hat Vorsitzender Reiner Michel die Mitglieder informiert, dass er nicht mehr zur Wiederwahl steht. Wenn sich am Donnerstag, 25. Februar, Christopher Büttner zur Wahl stellt, geht für Michel eine 34-jährige Ära im Vorstand der Stadtkapelle Lahr zu Ende. Bettina Schaller sprach mit Reiner Michel.
BZ: Warum wollen sie ausgerechnet jetzt, im 31. Jahr ihrer Tätigkeit als Vorsitzender der Stadtkapelle ihr Amt aufgeben?
Reiner Michel: Es geht um die Stabilität in der Vereinsführung.
BZ: Wie darf man das verstehen?
Michel: Ich habe bereits vor fünf Jahren angekündigt, dass es Zeit für einen Führungswechsel ist. Das haben wir im Vorstand besprochen. Joachim Volk war der Erste. Er hat im März 2015 den Taktstock niedergelegt. Dirigentenwechsel sind immer kritisch für einen Musikverein. Es gibt genug Beispiele dafür.
BZ: Auch in der Lahrer Stadtkapelle?
Michel: Ja, auch hier. Als ich 1966 angefangen habe, habe ich miterleben müssen, dass ein Dirigentenwechsel den Verein fast ruiniert hat. In den 70er-Jahren haben wir im Turbogang drei Dirigenten verschlissen.
BZ: Wie kam es dann zu dem heutigen Erfolg der Stadtkapelle?
Michel: Damals haben wir Joachim Volk gewinnen können, ich habe das mit ihm gemanagt. Aus diesem Grund auch die Übergangszeit beim Dirigentenwechsel. Wir haben mit Nicholas Reed einen jungen Nachfolger und den richtigen gefunden. Jetzt ist es Zeit für eine Verjüngung. Wir haben das Glück, mit Christopher Büttner einen Mittzwanziger aus den eigenen Reihen zu haben, der aufrücken will. So könnte sich die Stabilität fortsetzen. Auch ich habe mit 26 Jahren angefangen.
BZ: Im Rentenalter ist Reiner Michel aber auch noch nicht angekommen. Fällt man da nicht in ein tiefes Loch?
Michel: Vor zwei Jahren habe ich Wussler-Umzüge übernommen. Das fordert zeitlichen Tribut. Ich muss mich nicht fürchten, in ein zeitliches Loch zu fallen.
BZ: Und ihr Engagement bei der Stadtkapelle?
Michel: Ich spiele weiter als aktiver Musiker. Und dann werde ich das Projekt Lichterfest weiterhin betreuen.
BZ: Wie ist es um die Zukunft der Stadtkapelle nach dem Abgang von Joachim Volk und Reiner Michel bestellt, wenn zwei stabile Faktoren fehlen?
Michel: Volk spielt im Orchester, ich auch. Ich habe gelernt, dass gerade Jugendliche positiv überraschen, wenn man ihnen Verantwortung übergibt. Ich sehe da kein Risiko.
BZ: Gibt es Neuerungen?
Michel: Nein, wir haben bereits vor zehn Jahren eine Strukturreform vorgenommen und die Vorstandsarbeit auf drei Säulen Musik, Öffentlichkeitsarbeit und Finanzen gestellt. Sie tragen den Komplettverein. Der Vorstandsvorsitzende ist der Koordinator. Zudem haben wir einen super strukturierten Vorstand mit Beisitzern, die alle ihre Aufgabenbereiche haben.
BZ: Was hat sich in den letzten 30 Jahren verändert?
Michel: Die Wahrnehmung in der Öffentlichkeit. Anfangs war es ein Orchester mit 20 Musikern. Mit Joachim Volk ist der Verein auf über 100 Musiker mit 30 Jugendlichen in Ausbildung angewachsen. Damit verbunden sind Ansehen und Wahrnehmung der Stadtkapelle von einem Musikverein der Drittklassigkeit enorm gestiegen. Volk hat die Stadtkapelle musikalisch enorm vorangebracht. Ich habe den finanziellen Rahmen dafür geschaffen.
BZ: Ihre persönlichen Highlights?
Michel: Mein Ziel beim Amtsantritt war es, einen wichtigen Konzerttermin zu schaffen und ein großes Fest für die Öffentlichkeit. Mit der Chrysanthemengala und dem Lichterfest habe ich das erreicht.
Zur Person: Reiner Michel, 59 Jahre, verheiratet, drei Kinder, Speditionskaufmann, wohnhaft in Lahr, seit 1982 im Vorstand der Stadtkapelle Lahr